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Wenn Sie den Einsatz eines Dolmetschers für nötig halten..

Wie oft hat sich für mich der Satz "Wer lesen kann, ist klar im Vorteil." wohl schon bewahrheitet?

In meinen Bewerbungsschreiben gibt es immer einen schönen Absatz, in dem ich darauf hinweise, dass ich vor einer Weile ertaubt bin.

Natürlich gibt es Firmen und Behörden, die eine so große Bewerberzahl haben, dass nicht jede einzelne Bewerbung ganz genau gelesen werden kann.

An anderer Stelle (Firma/ Behörde ähnlich groß, ähnlich viele Bewerber) wird mein Hinweis aber sehr wohl gelesen.

Zufall?

Mein Eindruck ist eher, dass besagte Textpassage sehr gerne und häufig überlesen, oder schlicht und einfach ignoriert wird.

Was ich gar nicht nachvollziehen kann ist, wenn plötzlich Personaler mit mir ein Telefongespräch führen wollen, obwohl ich doppelt und dreifach darauf hingewiesen habe, dass ich nicht telefonieren KANN.

Oder wenn ich ganz erstaunt gefragt werde "Ach, Sie hören nichts mehr?!"

Nein, ich kann nicht mehr hören und auch nicht telefonieren.

Was machen solche Personaler denn, wenn jemand im Rollstuhl sitzt? Lesen sie da die Bewerbung auch nicht gescheit und schauen dann wie ein Auto, wenn plötzlich der Rollifahrer vor ihnen steht?

 

Schön fand ich ja auch einen Satz, der mir vor einer Weile bei einem Vorstellungsgespräch gesagt wurde:

"Also, wir haben eigentlich keine Stelle für Sie, aber irgendein Kämmerlein werden wir schon finden."

Nein, danke. Behaltet euer Kämmerlein und benutzt es meinetwegen um eure Wäsche zu trocknen.

Lustig ist es auch, wenn mir ein Personaler mit Sätzen wie "Wenn Sie den Einsatz eines Dolmetschers beim Vorstellungsgespräch für nötig halten.." kommen.

Gut, eigentlich ist das weniger lustig. Und ich halte keinen Dolmetschereinsatz für "nötig" - er IST schlicht und ergreifend nötig.

Einen Rollstuhlfahrer fragt doch auch keiner "Halten Sie den Einsatz eines Rollstuhls wirklich für nötig?".

Ich MUSS nun mal mit einem Schriftdolmetscher zum Vorstellungsgespräch kommen. Ich bin auch nicht begeistert davon (auch wenn ich mich bisher mit allen Dolmetschern gut verstanden habe und mit manchen befreundet bin). Ich würde auch lieber alleine kommen.

Aber so, wie der Rollstuhl die Beine ersetzen muss, muss der Dolmetscher mir die Ohren ersetzen.

 

"Ich wünsch' mir so sehr, dass wir nie den Mut verlieren."